BGH: Verwertbarkeit von EncroChat-Daten bei Cannabishandel
BGH, Urteil v. 30.01.2025 – 5 StR 528/24 Sachverhalt: Der BGH hat ein Urteil des LG Berlin I aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen wurde. Der Freispruch betraf Anklagevorwürfe, nach denen der Angeklagte mit Cannabis in nicht geringen Mengen Handel getrieben haben soll. Dabei benutzte er sog. EncroChat-Handys; die Anklage wurde auf die entsprechenden Handydaten gestützt. Der Freispruch erfolgt aus Sicht des LG unter dem Gesichtspunkt der Unverwertbarkeit der EncroChat-Daten, der BGH widersprach dem Urteil. Rechtsauffassung des BGH: Die vorgeworfenen Taten waren im Tatzeitpunkt nach § 29a I Nr. 2 BtMG als Verbrechen strafbar. Nach dem Inkrafttreten des KCanG stellen die Taten wiederum nur ein Vergehen nach § 34 I, III KCanG dar. Eine sog. Online-Durchsuchung gem. § 100b StPO, wonach die EncroChat-Daten gewonnen wurden, ist – gestützt auf § 34 I, III KCanG, der nicht Teil des Katalogs des § 100b II StPO ist – nicht zulässig. Grundsätzlich ist deshalb gem. § 2 III StGB das mildere Recht zugunsten des Angeklagten anzuwenden. In Cannabisfällen sind die Daten deshalb grundsätzlich unverwertbar. Der BGH durchbrach mit seiner neusten Entscheidung jedoch diesen Grundsatz: Besonderheit in EncroChat-Fällen sei, dass die Daten von einem EU-Staat erhoben und dann den deutschen Behörden zur Verfügung gestellt wurden. Diese wiederum seien für die deutschen Behörden verwertbar, wenn sie nach der Richtlinie über die europäische Ermittlungsanordnung (RL EEA) rechtmäßig sind. Nach dem Rechtsprechungskomplex des EuGH zur EncroChat-Fällen (EuGH, Urteil v. 30.04.2024 – C-670/22) muss im Rahmen von Art. 6 I RL EEA geprüft werden, ob die Datenübermittlung in einem gleichgelagerten Fall nach deutschem Recht rechtmäßig gewesen wäre. Dabei ist dann jedoch die Rechtslage im Zeitpunkt der Datenanforderung – also (i. d. R. in diesen Altfällen) § 29a I Nr. 2 BtMG – zugrunde zu legen, wonach die Rechtmäßigkeit zu bejahen ist. Zuletzt ging der BGH auch davon aus, dass die aufgrund eines besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriffs durch die Online-Durchsuchung vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung gem. § 100e VI StPO insb. keine verfassungsrechtlichen Bedenken hervorgebracht hat. Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter