OLG Braunschweig: U-Haft bei zu langer Urteilszustellung nicht mehr gerechtfertigt

OLG Braunschweig, Beschluss v. 24.04.2025 – 1 Ws 105/25 Ein Mann saß seit September 2023 in U-Haft. Das LG Braunschweig verurteilte ihn währenddessen wegen Handeltreibens mit Cannabis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und ordnete die Fortdauer der U-Haft an. Obwohl die Urteilsgründe schon ausgefertigt waren, wurde das Hauptverhandlungsprotokoll erst zwei Monate später fertiggestellt. Das führte dazu, dass das Urteil erst sechs Wochen nach dem frühstmöglichen Termin zugestellt wurde. Gegen den abgelehnten Antrag des Inhaftierten, den Haftbefehl auszusetzen, erhob der Mann erfolgreich Haftbeschwerde vor dem nächsthöheren Gericht (hier: OLG Braunschweig). Dieses sah die Verfahrensverzögerung als nicht gerechtfertigt an. Das Hauptverhandlungsprotokoll, das für die Zustellung des Urteils gem. § 273 Abs. 4 StPO erforderlich ist, sei ohne triftigen Grund verspätet zu den Akten gebracht worden. Dies dürfe nicht zum Nachteil eines Inhaftierten gehen, der in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 2 S. 2, 104 GG (insb. dem Beschleunigungsgrundsatz) verletzt sei. Die Fortdauer der U-Haft sei aus diesem Grund nicht mehr verhältnismäßig, weshalb der Haftbefehl aufgehoben wurde. Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter