KG Berlin: Cannabis in der Zelle erlaubt

Sachverhalt: Ein Strafgefangener, der eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßt, wurde vom Amtsgericht Tiergarten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt. Nicht strafbar sei jedoch – so das Amtsgericht – der Besitz von rund 45 Gramm Cannabisharz, das der Mann in seiner Gefängniszelle aufbewahrte. Dieser Teil der Anklage wurde unter Verweis auf das neue Konsumcannabisgesetz (KCanG) vom Vorwurf ausgenommen. Die Staatsanwaltschaft akzeptierte das nicht und legte gegen das Urteil sofort Sprungrevision zum Kammergericht Berlin ein. Dort scheiterte sie: Das Kammergericht bestätigte, dass der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis auch in einer Gefängniszelle grundsätzlich erlaubt sein kann – wenn die Zelle als „gewöhnlicher Aufenthalt“ im Sinne des § 3 KCanG gilt. Rechtslage: Das Konsumcannabisgesetz erlaubt seit dem 01. April 2024 volljährigen Personen unter anderem den Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis am Ort ihres „gewöhnlichen Aufenthalts“ (§ 3 Abs. 1 KCanG). Die Staatsanwaltschaft war der Ansicht, der Gefängnisaufenthalt könne nicht als „gewöhnlicher Aufenthalt“ gelten, weil dieser unfreiwillig erfolge. Zudem seien Sicherheit und Ordnung des Vollzugs durch Drogenbesitz gefährdet. Das Kammergericht widersprach dieser Sichtweise. Es stellte klar: Auch eine Gefängniszelle kann rechtlich als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des KCanG gelten. Entscheidend sei nicht die Freiwilligkeit des Aufenthalts, sondern allein die tatsächlichen Lebensumstände. Der Haftraum eines Strafgefangenen sei über Monate oder Jahre hinweg sein Lebensmittelpunkt – dort schlafe er, nehme Besuch, pflege soziale Kontakte und verbringe den überwiegenden Teil seiner Zeit. Zu beachten bleibt dennoch: Das Urteil entzieht nur der Strafbarkeit die Grundlage – es bedeutet nicht, dass der Konsum oder Besitz in der JVA automatisch erlaubt ist. Justizvollzugsanstalten dürfen weiterhin per Hausordnung oder Allgemeinverfügung eigene Regelungen treffen, die den Besitz und Konsum untersagen. [KG Berlin, Beschluss v. 28.05.2025, 5 ORs 17/25 – 121 SRs 31/25] Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter

BGH: Smartphone-Zwangsentsperrung rechtmäßig

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Ermittlungsbehörden unter bestimmten Voraussetzungen das Smartphone eines Beschuldigten auch zwangsweise per Fingerabdruck entsperren lassen dürfen. Voraussetzung ist, dass zuvor eine richterlich angeordnete Durchsuchung erfolgt ist und der Zugriff auf die Daten verhältnismäßig ist. Sachverhalt: Der Angeklagte A. war wegen kinderpornografischer Straftaten verurteilt worden. Bei einer Wohnungsdurchsuchung hatte er sich geweigert, sein Smartphone freiwillig zu entsperren. Die Polizei legte daraufhin seinen Finger gegen seinen Willen auf den Sensor, wodurch der Zugriff auf die gespeicherten Dateien gelang – darunter belastendes Material, das später zur Verurteilung führte. Die Verteidigung hatte argumentiert, eine solche Maßnahme verletze das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit und sei ohne gesetzliche Grundlage erfolgt. Der BGH folgte dieser Argumentation nicht. Rechtslage: Laut dem BGH ist § 81b Abs. 1 StPO in Verbindung mit §§ 94 ff. StPO eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Maßnahme – insbesondere dann, wenn: Die Selbstbelastungsfreiheit des Beschuldigten sei nicht verletzt, so der Senat, da sie nur vor einer aktiven Mitwirkung schützt – nicht jedoch vor dem Dulden polizeilicher Zwangsmaßnahmen wie dem Auflegen des Fingers. Der 2. Strafsenat hält die Maßnahme auch mit europäischem Datenschutzrecht für vereinbar, insbesondere mit der Datenschutzrichtlinie 2016/680/EU. Die Maßnahme diene einem legitimen Ziel im Sinne des Gemeinwohls und sei datenschutzrechtlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Entscheidung stärkt die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden beim Datenzugriff auf Mobilgeräte – auch gegen den Willen des Beschuldigten. Sollten Sie betroffen sein, wenden Sie sich an uns. [BGH, Beschl. v. 13.03.2025, Az. 2 StR 232/24] Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter