Einlassungen des in der Hauptverhandlung anwesenden Angeklagten durch seinen Verteidiger
Gemäß § 243 V StPO[1] steht es dem Angeklagten frei, sich zu den ihm vorgeworfenen Taten zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Erklärt sich der Angeklagte zu einer Äußerung bereit, ist es Ausfluss effektiven rechtlichen Gehörs, dass er den Darstellungsumfang und die Darstellungsform selbst wählen kann. Aufgrund einer autonomen Entscheidung soll der Angeklagte frei wählen können, ob er sich mündlich bzw. durch zu Hilfenahme von Notizen einlässt oder eine vorbereitete schriftliche Erklärung verliest[2]. Der in der Hauptverhandlung anwesende Angeklagte kann sich jedoch bei seiner Einlassung grundsätzlich nicht durch seinen Verteidiger vertreten lassen. Will der Angeklagte sich zu den Vorwürfen äußern, muss er dies grundsätzlich selbst tun.[3] Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist seit Jahren mit Rückendeckung der herrschenden Literaturmeinung in der Rechtsprechung dann zugelassen worden, wenn der Angeklagte durch seine Äußerung unmissverständlich klargemacht hat, dass er eine Sachverhaltsdarstellung des Verteidigers, als seine eigene gelten lassen will.[4] Es bedarf insofern einer dahingehenden Vollmacht des Angeklagten oder einer nachträglichen Genehmigung, dass die Erklärung des Verteidigers als dessen eigene gewertet werden solle.[5] Macht der Angeklagte insofern Angaben zur Sache, dürfen aus seinem Schweigen im Übrigen für ihn nachteilige Schlüsse gezogen werden.[6] Hinsichtlich der ausdrücklichen Bevollmächtigung des Verteidigers, hat der 3. Senat des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung 3 StR 176/05 vom 28.06.2005 ausgeführt, dass die Verwertbarkeit eines durch den Verteidiger abgegebenen Geständnisses von der ausdrücklichen Bevollmächtigung oder der nachträglichen Genehmigung abhänge. Jedoch, so der Senat, könne schon aus der Einlassung des Angeklagten gegenüber den Eltern eines Nebenklägers, ‘es tue ihm leid‘, der Rückschluss gezogen werden, der Angeklagte wolle sich die Erklärung der Verteidigerin zu eigen machen.[7] Diese Rechtsprechung steht in Übereinstimmung unter anderem mit der Entscheidung des 4. Senats des Bundesgerichtshofs vom 29.05.1990 (4 StR 118/09). Auch insoweit stellte der Senat, für die Verwertbarkeit der durch den Verteidiger abgegebenen Einlassung, auf die ausdrückliche Klarstellung des Angeklagten ab, dass dieser die Äußerungen als eigene verstanden wissen will[8]. Das OLG Saarbrücken bringt diese absolut einheitliche Rechtsprechung in seinem Beschluss vom 14.9.2005 (Ss 29/05 (38/05) für den Fall auf den Punkt, dass die Erklärung des Verteidigers in einem inhaltlichen Widerspruch zu der vom Angeklagten persönlich nach Belehrung gem. § 243 IV 1 StPO abgegebenen Erklärung steht, keine Angaben zur Sache machen zu wollen. Insoweit soll sich die Zurechenbarkeit der Verteidigererklärung „nicht bereits aus einer insoweit erteilten und bei der Akte befindlichen Vertretungsvollmacht“ ergeben. Das OLG führt weiter aus: „ Aus diesem Grund kann auch das Schweigen des ausdrücklich nicht äußerungsbereiten Angeklagten zu der ins seiner Anwesenheit abgegebenen Erklärung des Verteidigers nicht als konkludente Zustimmung gewertet werden. Bei einer solchen Sachlage ist vielmehr der Verteidiger oder der Angeklagte von dem Vorsitzenden zu befragen, ob die von dem Verteidiger abgegebene Erklärung als Einlassung des Angeklagten anzusehen sei. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Erklärung in diesem Fall zum Gegenstand der Beweiswürdigung gemacht werde. Nur wenn der Verteidiger und / oder der Angeklagte die Frage bejahen, darf die Erklärung des Verteidigers zum Gegenstand der Beweiswürdigung gemacht werden.“ [9] II. Ein Urteil des 2. Strafsenats des BGH vom 20.6.2007 (2 StR 84/07) hat bei einigen Kommentatoren, die Einzelaspkte der Argumentation der Entscheidung mal wieder unkritisch nachbetend übernommen haben, offenbar zu Irritationen und der Auffassung geführt, schriftliche/mündliche Verteidigererklärungen seien unter Bruch zur bisherigen Rechtsprechung nur noch in Ausnahmefällen zugelassen. Der Angeklagte besäße nunmehr kein Wahlrecht mehr, ob er sich selbst zur Sache äußert oder eine Einlassung seines Verteidigers als eigene verstanden haben will[10]. Der Leitsatz zur Entscheidung fasst das Urteil im Kern richtig zusammen: „ Lehnt das Tatgericht es ab, Erklärungen des Angeklagten gegenüber seinem Verteidiger, der diese schriftlich niedergelegt hat, durch den Verteidiger verlesen zu lassen, so begründet dies keine Besorgnis der Befangenheit des Gerichts. Ein auf Verlesen dieser Erklärung als Urkunde gerichtete Beweisantrag ist unzulässig, da er darauf abzielt, die Einlassung des Angeklagten zu ersetzen.“ [11] Der 2. Senat führt in seinem Urteil konkret – und ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der Frage, ob Befangenheitsgründe vorliegen – hierzu weiter aus: „Die Ablehnung des Befangenheitsantrags ist nicht zu beanstanden. Nach § § 24 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Diese Besorgnis lässt sich aber nicht schon allein mit einer fehlerhaften Sachbehandlung begründen. Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar, sondern nur dann, wenn die Entscheidungen abwegig sind oder den Anschein der Willkür erwecken. Abwegig oder willkürlich war die Entscheidung, als Einlassungen der Angeklagten nicht von deren Verteidigern verfasste Erklärungen verlesen zu lassen, nicht. Willkürlich könnte eine solche Entscheidung sein, wenn besondere Umstände, etwa Sprachfehler oder Sprachhemmungen, den Angeklagten am eigenen Vortrag hindern oder ihn wesentlich beeinträchtigen würden. Solche Umstände sind hier nicht vorgetragen. Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH, des RG und mit Stimmen in der Literatur, wonach die Vernehmung des Angeklagten zur Sache gem. § 243 IV 2 StPO mündlich erfolgt und er sich nicht durch seinen Verteidiger vertreten lassen kann. Zudem spricht für diese Rechtsanwendung der Wortlaut des § 243 IV2 StPO, wonach der zur Äußerung bereite Angeklagte „nach Maßgabe des § 136 II StPO zur Sache vernommen” wird. Diese Meinung ist zwar nicht unbestritten. Dennoch kann angesichts der vertretenen unterschiedlichen Auffassungen die Entscheidung der StrK gegen die Zulässigkeit der Verlesung weder als abwegig noch als aus sonstigen Gründen willkürlich angesehen werden. Die StrK hat durch ihr Vorgehen im Zeitpunkt der Antragstellung und Antragsablehnung auch nicht zu erkennen gegeben, dass sie sich dem Sachvortrag der Angeklagten vollständig verschließen und ihnen auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung keine Gelegenheit zur Äußerung gegen werde. Ihr Verhalten bot deshalb für einen besonnenen Angeklagten keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit.“ III. Schlösser ist in seinem Aufsatz „Die Einlassung des Angeklagten durch seinen Verteidiger – Überlegungen zu BGH, Urteil vom 20.6.2007 – 2 StR 84/07“ [12] in vollem Umfange Recht zu geben, wenn er ausführt, dass das Urteil von einer grundsätzlichen