BGH: Smartphone-Zwangsentsperrung rechtmäßig
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Ermittlungsbehörden unter bestimmten Voraussetzungen das Smartphone eines Beschuldigten auch zwangsweise per Fingerabdruck entsperren lassen dürfen. Voraussetzung ist, dass zuvor eine richterlich angeordnete Durchsuchung erfolgt ist und der Zugriff auf die Daten verhältnismäßig ist. Sachverhalt: Der Angeklagte A. war wegen kinderpornografischer Straftaten verurteilt worden. Bei einer Wohnungsdurchsuchung hatte er sich geweigert, sein Smartphone freiwillig zu entsperren. Die Polizei legte daraufhin seinen Finger gegen seinen Willen auf den Sensor, wodurch der Zugriff auf die gespeicherten Dateien gelang – darunter belastendes Material, das später zur Verurteilung führte. Die Verteidigung hatte argumentiert, eine solche Maßnahme verletze das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit und sei ohne gesetzliche Grundlage erfolgt. Der BGH folgte dieser Argumentation nicht. Rechtslage: Laut dem BGH ist § 81b Abs. 1 StPO in Verbindung mit §§ 94 ff. StPO eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Maßnahme – insbesondere dann, wenn: Die Selbstbelastungsfreiheit des Beschuldigten sei nicht verletzt, so der Senat, da sie nur vor einer aktiven Mitwirkung schützt – nicht jedoch vor dem Dulden polizeilicher Zwangsmaßnahmen wie dem Auflegen des Fingers. Der 2. Strafsenat hält die Maßnahme auch mit europäischem Datenschutzrecht für vereinbar, insbesondere mit der Datenschutzrichtlinie 2016/680/EU. Die Maßnahme diene einem legitimen Ziel im Sinne des Gemeinwohls und sei datenschutzrechtlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Entscheidung stärkt die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden beim Datenzugriff auf Mobilgeräte – auch gegen den Willen des Beschuldigten. Sollten Sie betroffen sein, wenden Sie sich an uns. [BGH, Beschl. v. 13.03.2025, Az. 2 StR 232/24] Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
BGH: Bestätigung der Verurteilung im Frankfurter Korruptionsfall
Der BGH bestätigt die Verurteilung im Frankfurter Korruptionsfall. Ein ehemaliger Oberstaatsanwalt aus Frankfurt, einst Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung von Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen, wurde wegen Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung verurteilt. Über einen Zeitraum von 13 Jahren (2007–2020) nahm er von einem befreundeten Unternehmer Bestechungsgelder in Höhe von fast 459.000 € an. Im Gegenzug vergab er Gutachteraufträge an dessen Firma. Zusätzlich erhielt er rund 74.000 € von einem weiteren Unternehmen für die technische Aufbereitung sichergestellter ärztlicher Abrechnungsdaten. Der entstandene Schaden für die Staatskasse wird auf etwa 556.000 € beziffert. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Verurteilung durch das Landgericht Frankfurt am Main, das eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt hatte. Zudem wurde die Einziehung von Taterträgen in Höhe von 532.906,77 € angeordnet. Lediglich in zwei Punkten – der Steuerverkürzung des Oberstaatsanwalts und einem Subventionsbetrug des Mitangeklagten – sah der BGH Verfahrensfehler, die jedoch keinen Einfluss auf das Strafmaß hatten. BGH, Beschluss vom 08.04.2025 – 1 StR 475/23 Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
BGH: Ärztliche Beihilfe zum Suizid bleibt strafbar
Ein 82-jähriger Arzt assistierte einem schwer psychisch erkrankten Patienten beim Suizid. Der Patient, der unter einer schweren Depression litt, bat den Mediziner um Hilfe, um sein Leben zu beenden. Der Arzt verabreichte ihm eine letale Infusion, die der Patient selbst öffnete, was schließlich zu seinem Tod führte. Das Landgericht Essen verurteilte den Arzt wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Der Arzt legte Revision ein – der Fall landete vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die Revision des Arztes zurück. Auch wenn der Patient schwer krank war und seinen Tod selbst herbeiführte, sah der BGH den ärztlichen Suizidbeistand als strafbar an. Der Mediziner wurde aufgrund der fehlenden freien Verantwortlichkeit des Patienten für dessen Handeln verurteilt. Der BGH stellte klar, dass ein Suizid nur dann als selbstbestimmt gilt, wenn der Patient in der Lage ist, die Tragweite seines Handelns zu verstehen und Verantwortung dafür zu übernehmen. Bei einem Patienten mit schwerer psychischer Erkrankung ist dies in der Regel nicht der Fall. Zusammenfassend lässt sich sagen: BGH, Beschluss vom 29.01.2025 – 4 StR 265/24 Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
BGH: Konkurrenz bei Raubdelikten
Zwei Männer forderten von einem Bekannten 30.000 Euro „Schmerzensgeld“. Sie drohten mit einem Messer, wollten das Geld in bar – später auch eine teure Uhr als Pfand. Gezahlt wurden am Ende nur 1.400 Euro. Die Polizei griff ein. Das Landgericht Hamburg verurteilte den Haupttäter wegen vollendeter und versuchter räuberischer Erpressung. Der BGH hob den Schuldspruch insoweit auf, als das Landgericht zusätzlich eine versuchte besonders schwere räuberische Erpressung angenommen hatte. Der BGH stellte klar, dass der Versuch eines Delikts auf Konkurrenzebene regelmäßig hinter die Vollendung desselben gleichwertigen Delikts zu Lasten desselben Geschädigten zurücktritt und nicht im Tenor zu erwähnen ist. Dies gilt auch, wenn in Bezug auf den konkreten Tatbestand noch ein weiterer, vom selben Schutzgut erfasster Taterfolg erstrebt war. Der BGH hat das Urteil also in einem entscheidenden Punkt kassiert: Die Richter in Hamburg hatten zwei Taten angenommen – vollendete und versuchte räuberische Erpressung. Wenn die Tat insgesamt vollendet wurde, zählt der Versuch nicht extra. Der Angeklagte darf nicht doppelt belastet werden. BGH, Beschluss vom 25.03.2025 – 5 StR 626/24 Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter