Nach Besprechung der Akte kamen wir ins Plauschen und irgendwie darauf, dass ich Tattoos für eine hässliche Unsitte halte. Die attraktive Mandantin wirkte für einen Moment verlegen und gestand, dass sie sich gerade eines habe stechen lassen, aber nicht so ein auffälliges, sondern eines, das gut platziert und versteckt an einer geheimen Stelle ihres Körpers angebracht sei, wo es nur Vertraute betrachten könnten. Dann überlegte sie für einen Moment und sagte schelmisch: „Schlimm wäre es, wenn man zu seinem eigenen Anwalt kein Vertrauen hätte!“ Noch ehe ich die logische Konsequenz dieser Aussage zu Ende gedacht hatte, sprang sie auf, drehte mir ihr Gesäß zu und zog sich ohne Umschweife Jeans und Höschen bis auf die Knie runter, um mir ihren entblößten Po zu zeigen. In diesem Moment kam die Sekretärin mit einer Unterschriftenmappe ins Zimmer und erstarrte, als sie den nackten Hintern erblickte. Nach einigen endlosen Millisekunden überwand ich die allgemeine Sprachlosigkeit und stand in einer Art Übersprungshandlung von meinem Stuhl auf, umrundete den Schreibtisch und sagte zur Sekretärin: „Nicht was du denkst!“ Fachmännisch begutachtete ich das Tattoo und fuhr souverän fort: „Also, ich muss zugeben – nicht schlecht!“, wobei ich die Frage nach dem Gemeinten unbewusst offen ließ. „Was meinst du?“, fragte ich die Sekretärin, die ungläubig den Kopf schüttelte und erwiderte: „Ich hab schon schlechtere gesehen. Wirklich ganz hübsch!“ Zur Mandantin sagte ich: „Bitte ziehen Sie ihre Hose wieder hoch. Nicht, dass hier noch einer auf falsche Gedanken kommt.“
Rechtsanwalt Gerd Meister, Mönchengladbach