Wie unterscheidet sich ein Strafantrag von der Strafanzeige?
Die Begriffe Strafantrag und Strafanzeige werden oft für dasselbe Instrument zur Äußerung des Strafverfolgungswillens gehalten, dies ist jedoch falsch: Merkmal Strafanzeige Strafantrag Definition Mitteilung einer Straftat an die Strafverfolgungsbehörden Formelle Erklärung, dass die Strafverfolgung einer bestimmten Tat gewünscht wird Zweck Behörden auf eine mögliche Straftat hinweisen Strafverfolgung bei Antragsdelikten ermöglichen Wer kann sie stellen? Jeder (auch Unbeteiligte) Nur der Geschädigte oder eine berechtigte Person (§ 77 StGB) Frist Keine Drei Monate ab Kenntnis von Tat und Täter (§ 77b StGB) Erforderlich für die Strafverfolgung? Nein, Ermittlungen können auch ohne Anzeige erfolgen (z. B. bei Offizialdelikten) Ja, bei Antragsdelikten zwingend notwendig (z. B. Beleidigung, Hausfriedensbruch) Rücknahme möglich? Nein Ja, aber nur bis zur rechtskräftigen Entscheidung (§ 77d StGB) Beispiel zur Verdeutlichung Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Muss mein Strafantrag besondere Voraussetzungen erfüllen?
1. Form des Strafantrags Der Strafantrag muss klar formuliert sein und sich auf eine bestimmte Tat und Person beziehen. Er kann in folgender Form gestellt werden: Ein einfacher Hinweis auf eine Straftat (z. B. eine Strafanzeige) reicht nicht immer aus. Es muss erkennbar sein, dass der Betroffene ausdrücklich eine Strafverfolgung wünscht. 2. Frist für die Antragstellung Der Strafantrag muss innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis von Tat und Täter gestellt werden (§ 77b StGB). Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Wer darf einen Strafantrag stellen?
Grundsätzlich kann nur der unmittelbar Geschädigte einer Straftat einen Strafantrag stellen, § 77 StGB. In bestimmten Fällen können auch andere Personen berechtigt sein: 1. Gesetzliche Vertreter des Geschädigten, § 77 StGB 2. Erben des Geschädigten, § 77 Abs. 2 StGB 3. Bestimmte Behörden oder Dienststellen, § 77a StGB 4. Staatsanwaltschaft (bei besonderem öffentlichen Interesse) Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Was ist ein Strafantrag?
Ein Strafantrag ist die ausdrückliche Erklärung einer berechtigten Person, dass eine bestimmte Straftat strafrechtlich verfolgt werden soll. Er unterscheidet sich von der Strafanzeige, die lediglich auf eine Straftat hinweist, aber keinen Strafverfolgungswunsch enthält. Der Strafantrag ist eine Voraussetzung für die Strafverfolgung von Antragsdelikten. Bei diesen Straftaten wird die Staatsanwaltschaft nur tätig, wenn das Opfer oder eine andere berechtigte Person innerhalb der Frist einen Antrag stellt. Ohne einen wirksamen Strafantrag wird das Verfahren in der Regel nicht eingeleitet oder eingestellt, außer es besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung. Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Deliktstypen im Strafrecht
Nicht jede Straftat wird automatisch verfolgt. Im Strafrecht unterscheidet man verschiedene Deliktstypen, die bestimmen, ob die Staatsanwaltschaft von sich aus ermittelt oder ob ein Strafantrag gestellt werden muss. Die wichtigsten Kategorien sind Offizialdelikte, Antragsdelikte und Privatklagedelikte. Offizialdelikte: Automatische Strafverfolgung durch den Staat Die meisten Straftaten sind Offizialdelikte. Das bedeutet, dass die Ermittlungsbehörden – also Polizei und Staatsanwaltschaft – bereits bei einem Anfangsverdacht tätig werden, unabhängig davon, ob jemand Anzeige erstattet. Hier besteht ein übergeordnetes Interesse des Staates an der Strafverfolgung. Beispiele für Offizialdelikte: Antragsdelikte: Ermittlungen nur nach Strafantrag Bei Antragsdelikten wird ein Verfahren nur eingeleitet, wenn das Opfer oder eine berechtigte Person einen Strafantrag stellt. Die Staatsanwaltschaft verfolgt die Tat also nicht automatisch. Man unterscheidet: Privatklagedelikte: Betroffene können selbst klagen Ein Privatklagedelikt ist eine Straftat, bei der die Staatsanwaltschaft kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung sieht. Das Opfer kann aber – sofern es keinen Strafantrag stellt und die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren betreibt, selbst Klage, sog. Privatklage erheben. Ein Deliktskatalog findet sich in § 374 StPO. Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Verdachtsgrade im Strafverfahren
Im Strafrecht gibt es verschiedene Verdachtsstufen, die darüber entscheiden, ob und wie ein Strafverfahren gegen eine Person geführt wird. Von der ersten Vermutung bis zur möglichen Verurteilung spielen diese Verdachtsgrade eine zentrale Rolle. Anfangsverdacht: Der Startpunkt der Ermittlungen Ein Anfangsverdacht liegt vor, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte darauf hinweisen, dass eine Straftat begangen wurde (§ 152 Abs. 2 StPO). Die Schwelle ist hier relativ niedrig – es genügt eine Strafanzeige oder andere Hinweise, die eine Straftat nicht ausschließen. Liegt ein Anfangsverdacht vor, müssen die Strafverfolgungsbehörden ein Ermittlungsverfahren einleiten, sofern es sich um ein Offizialdelikt handelt oder im Übrigen ein Strafantrag gestellt wurde bzw. das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung angenommen wird. Hinreichender Tatverdacht: Die Voraussetzung für eine Anklage Ein hinreichender Tatverdacht besteht, wenn nach Abschluss der Ermittlungen genügend belastende Beweise vorliegen, die eine Verurteilung vor Gericht wahrscheinlich erscheinen lassen (§ 170 Abs. 1 StPO). Ist das der Fall, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage oder beantragt einen Strafbefehl. Andernfalls wird das Verfahren eingestellt. Um einen hinreichenden Tatverdacht schon vor der Anklageerhebung abzuwenden, kann eine schriftliche Einlassung Sinn ergeben. Dringender Tatverdacht: Grundlage für Untersuchungshaft Ein dringender Tatverdacht liegt vor, wenn nach dem bisherigen Ermittlungsstand eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat (§ 112 Abs. 1 StPO). Dieser Verdachtsgrad ist Voraussetzung für Untersuchungshaft, wenn zusätzlich ein Haftgrund wie Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr besteht. Fabian Kremers, Wissenschaftlicher Mitarbeiter